Wilhelm Menzel Klavier, Modell 128, Baujahr 1929

W. Menzel 444 Hertz verstimmt W. Menzel 440 Hertz gestimmt W. Menzel intoniert

Die Marke W. Menzel war mir noch unbekannt. Das ist jedoch relativ oft der Fall. Das Buch Atlas der Pianonummern verrät uns, dass es bis heute mehr als 2.500 Klaviermarken gegeben hat. Das Instrument aus diesem Hörbeispiel ist ein Modell 128. Das heißt, es hat einen 128 cm hohen Klangkörper. Das ist eine wesentliche Voraussetzung für einen guten Klang. Denn mit der Höhe des Klangkörpers verbunden ist die Länge der Saiten. Vor allem die Saiten im Bass brauchen so viel Länge wie nur irgend möglich, um möglichst saubere Töne erzeugen zu können.

Klavier von W. Menzel offen

Die Seriennummer 33653 verrät uns, dass es sich um ein Instrument handelt, das relativ kurz vor dem Konkurs des Klavierbauers Wilhelm Menzel 1930 gebaut wurde. Der bereits erwähnte Atlas der Pianonummern enthält nämlich die Information, dass Menzel 1913 bereits die Seriennummer 27.000 erreicht hatte. Ferner erfahren wir an gleicher Stelle, dass W. Menzel im Jahr 1906 eine Jahresproduktion von 2000 Pianos hatte. Das sind Zahlen aus der Hochzeit des Klavierbaus. Vor 10 Jahren waren es noch insgesamt rund 5.000 Pianos, die in Deutschland pro Jahr verkauft worden sind.

Ein weiterer Hinweis auf das Alter des Klaviers sind die Informationen zur Mechanik. Klaviermechaniken wurden schon früher nur in Ausnahmefällen von den eigentlichen Klavierbauern produziert. In der Regel wurden und werden die Spielwerke von Firmen zugekauft, die sich auf die Herstellung von Klavier- und Flügelmechaniken spezialisiert haben. In unserem Piano ist eine Mechanik des Herstellers Lexow eingebaut. Der Atlas der Pianonummern kann zu diesem Mechanikhersteller berichten, dass er von 1854 bis 1929 aktiv war. Das Klavier aus diesem Hörbeispiel muss demnach vor 1929 gebaut worden sein.

Lexow-Mechanik im Klavier von W. Menzel

Das Klavier von W. Menzel hat einen schönen Klang und eine vergleichsweise leichte Spielart, die man als angenehm empfindet. Die Verstimmung ist nicht dramatisch. Doch sie weist eine Besonderheit auf. Die Messung des Kammertons ergibt nämlich die für das Alter des Instruments unglaublich Zahl von 444 Hertz. Dazu muss man wissen, dass der Kammerton um 1900 im allgemeinen bei 430 bis 435 Hertz lag. Erst 1939 sprach eine internationale Konferenz die Empfehlung aus, sich international auf die Tonhöhe von 440 Hertz zu verständigen. Orchester stimmen seit Herbert von Karajan gerne noch höher, nämlich 442 beziehungsweise 443 Hertz. Das soll im Orchester einen brillanteren Klang ergeben. Bei den Instrumenten führt es zu messbar extremen Spannungen. Die Saiten von Geigen muss man daher zwischen den Einsätzen gezielt entspannen, damit das Instrument keinen Schaden nimmt. Ähnlich ist es bei uns Menschen: Der höhere Kammerton spannt uns an. Wer sich also über das Spiel auf dem Piano selbst harmonisieren möchte, sollte beim nächsten Stimmen bewusst einen tieferen Kammerton wählen. 1939 haben sich einflussreiche Musiker vergeblich für 432 beziehungsweise 430 Hertz mit dem Argument eingesetzt, dass wir uns bei diesen Tonhöhen besser harmonisieren können. Zurück zu unserem Piano: Hier lautete also die Aufgabe Tieferstimmen zumindest auf 440 Hertz.

Beim Stimmen fällt einem manchmal etwas an der Mechanik auf, was man nebenbei regulieren könnte. Manchmal muss man dazu aber hinter die Mechanik. Wie es dort aussieht, zeigt das folgende Bild:

Ein Blick hinter das Spielwerk des Klaviers von W. Menzel

Wilhelm Menzel war ein Klavierbauer, der stolz auf sein Produkt war. Das zeigt die Verwendung des Wortes Original im Zusammenhang mit seinem Markennamen:

W. Menzel Original

Dass Wilhelm Menzel zu Recht stolz auf seine Pianos war, zeigt eine konstruktive Besonderheit. Um den Bass sowohl in der Länge als auch im Klang zu optimieren, verwendete er auf dem Resonanzboden eine so genannte Bassbrücke. Dabei ist im Gegensatz zu dem zweiten Steg im Klavier die Auflagefläche der Saiten auf dem Steg nicht identisch mit der Auflagefläche des Stegs auf dem Resonanzboden. Der Steg ist etwas weiter vom Rand weg mittels einer Brücke positioniert, damit der Bass dort besser schwingen und klingen kann.

Bassbrücke im Klavier von W. Menzel

Auch bei diesem Klavier fielen beim Probespiel nach der Endstimmung klangliche Unterschiede auf, die erfolgreich behoben werden konnten. Nun ist das Piano bereit, um allen Klavierspielern eine erfolgreiche Selbstharmonisierung zu ermöglichen.

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